Ver­Tönt! 016

Emilie Inniger (Sopran) und Katharina Weber (Klavier) spielen Katharina Weber und Lili Boulanger.

Die beiden Liedzyklen von Katharina Weber stammen aus dem Jahr 2020.

Am Anfang stand ein Gedichtsaustausch in einer Mailing-Gruppe als Ersatz für die fehlenden kulturellen Anlässe während des Lockdowns im Frühling 2020. Darunter war auch das Gedicht «Ihr Krähen» von Anna Stüssi. Dieses Gedicht hat Katharina Weber auf Anhieb so angesprochen, dass sie Anna gebeten hat, ihr noch mehr von ihren unveröffentlichten Gedichten zu schicken. In ihrer Vielschichtigkeit zwischen Naturerlebnis und innerer seelischer Befindlichkeit, zwischen Wortsuche und Wortspiel, haben sie bei Katharina Weber eine sofortige Vertonung des Krähengedichts und eine weiterführende musikalische Interpretation der andern Gedichten in der Komponierphase der Sommerferien 2020 ausgelöst hat.

Mit Franz Dodel ist Katharina Weber schon seit Jahren in künstlerischer Zusammenarbeit verbunden. Sie gestalten zusammen Lesungen mit Improvisationen am Klavier. Eine solche hat auch am 14.01.2024 in der Reihe «LESEN» bei Müller & Schade stattgefunden. Franz Dodel schreibt seit 2002 täglich an seinem Endlospoem «Nicht bei Trost» weiter, in ständigem Abwechseln von Zeilen mit 5 und mit 7 Silben. Die tägliche «Ernte» dieser Arbeit kann im Internet auf www.franzdodel.ch mitverfolgt werden. Dies hat Katharina Weber dazu animiert, in den Sommerferien 2020 Lieder zu den gerade frisch entstandenen Texten zu komponieren.

Der Liedzyklus «Clairières dans le Ciel» (1914) von Lili Boulanger dauert ca 40 Minuten. Hier wird nur eine Auswahl daraus aufgeführt. Lili Boulanger ist schon im Alter von 24 Jahren verstorben und hat doch eine hochvollendete Musik hinterlassen. Die Lieder auf Texte von Francis Jammes schwanken zwischen Begeisterung und Melancholie, unerfüllbare Liebeswünsche lassen auch das Tristan-Vorspiel anklingen. Das lyrische Ich» besinnt sich schmerzerfüllt seiner verlorenen Liebe: vom Moment der ersten Begegnung über die hingebungsvolle Zeit gemeinsamer Momente bis hin zum morgigen Tag – «Demain fera un an» – der Tag, an dem die erste Begegnung genau ein Jahr zurückliegt.

In ihrem ganz eigen geprägten Impressionisamus geht Boulanger in der Singstimme ganz dem Duktus und seelischen Gehalt des Textes nach, das Klavier «singt» mit und «malt» die Atmosphäre in zauberhaften, bewegten Harmonien.